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Vorgestellt: „Lotta Wundertüte“ und „Lotta Schultüte“ von Sandra Roth

Aktualisiert: 10. Mai 2021

Lotta Wundertüte - Unser Leben mit Bobbycar und Rollstuhl


Sandra Roth ist in der 33. Schwangerschaftswoche, als sie erfährt, dass ihr ungeborenes Kind eine Fehlbildung der Vena Galeni im Gehirn hat und schwer krank ist.


Gleich zu Beginn wirft sie deshalb große und wichtige Fragen auf – nach dem Wert eines Lebens, welche Kriterien ein Kind erfüllen muss, damit es geboren werden darf und was uns am Anderssein so viel Angst macht.

„Der medizinische Fortschritt schafft Fakten, doch die ethische Debatte bleibt dahinter zurück. Jeder muss für sich alleine entscheiden “ (Roth, S. 13).


Als Lotta geboren wird, stellt die Familie schnell fest, dass sie ein Feuerwerk an Wunderkerzen, eine Wundertüte, ist. Sie ist behindert, das gestehen sie sich nach und nach ein – aber das ist nur eines von vielen Merkmalen von Lotta. Sandra Roth schreibt in einem ehrlichen, spannenden, berührenden und insbesondere humorvollen Buch von der gemeinsamen Reise ihrer Familie.


Die Reise ist eine Achterbahnfahrt. Sie erzählt von Fortschritten und Rückschlägen, Lottas Bruder Ben, den Prozessen innerhalb der Familie, die Suche nach einer Kita und die Aufnahme dort. Man fühlt mit der Familie, freut sich über Fortschritte und gerät ins Nachdenken über die Inklusion in Deutschland. Die Lesenden erhalten viele Einblicke, was mit „Hürden im Kopf“ und „einstellungs- und umweltbedingten Barrieren“ gemeint ist.


Wunderbar alltagsnah, anschaulich und mit viel Humor beschreibt Sandra Roth dabei insbesondere ihre Begegnung mit anderen, zum Beispiel auf dem Spielplatz oder auf der Straße. Sie berichtet von mal verständnislosen, mal mitleidigen und aber auch empathischen und mitfühlenden Reaktionen und ihren Gedanken dazu. „Keiner hat mich je gefragt, ob Ben eine Bereicherung ist für mein Leben, Ben ist. Das reicht. Das gleiche sollte für Lotta gelten“ (Roth, S. 229).


Ich persönlich konnte das Buch kaum aus der Hand legen und fühlte mich komplett in die Familie aufgenommen. Ich habe alle Charaktere dieses Buches ins Herz geschlossen – besonders natürlich Lotta, die mit so viel Liebe und ihrem ganz besonderen Wesen beschrieben wird, dass man fast das Gefühl hat, sie persönlich zu kennen. Mit gleichzeitig wichtigen Überlegungen zu unterschiedlichen Bereichen der Teilhabe und Inklusion von Menschen (insbesondere Kindern) mit Behinderungen, ist dieses Buch eine Empfehlung an alle, die sich mit dem Thema beschäftigen möchten oder nach authentischen und berührenden Geschichten suchen.




Lotta Schultüte - Mit dem Rollstuhl ins Klassenzimmer


In der Kita ist Lotta voll und ganz angekommen und für ihre Familie ist das Leben mit ihr normal. "Dass unsere Normalität etwas anders ist als die anderer Menschen, bemerke ich meist erst, wenn ich darüber nachdenke" (Roth, S. 28). Doch bald ist Lotta ein Schulkind - da stellen sich viele neue Fragen.


Wieder lässt Sandra Roth ihre Leser*innen am Alltag mit Lotta teilhaben – und dieses Mal insbesondere an der Suche nach einer geeigneten Schule für Lotta, dem Abschied von der Kita und den ersten Schritten in der Schule. Lange wägt die Familie Vor- und Nachteile verschiedener Schulformen und Schulen intensiv ab. Sandra Roth erklärt ausführlich ihre Gedanken und Erlebnisse bei der Suche und die Chancen und Grenzen der schulischen Inklusion – und das mit viel Verständnis für die Situation der Schulen und insbesondere der Lehrer*innen.


Für Roth ist Inklusion in der Schule ein Zusammenspiel von Haltung und Einstellung, Ausstattung, Zeit und Unterstützung. „Wer diesen Kindern gerecht werden will, braucht Zeit, für jedes einen individuellen Plan auszuarbeiten und Unterstützung durch Kollegen, wie beispielsweise Sonderpädagogen“. Anderes Lernen bedeutet anderes Lehren [….]“ (Roth, S. 166).


Auch in ihrem neuen Buch gibt Sandra Roth viele Einblicke in ihr Familienleben, in Reisen und Begegnungen und den Alltag von und mit Lotta. „Lotta zu sein, ist offensichtlich viel schöner, als viele sich vorstellen können. Sie mag sich selbst, ihre Familie und ihr Leben“ (Roth, S. 142).


Für mich hat das Buch im Vergleich zu „Lotta Wundertüte“ ein paar Längen – und ist trotzdem nicht weniger voll von wichtigen Reflexionen und klugen Gedanken. Wie das erste Buch ist es voller Humor, Wärme und Liebe und enthält andererseits viele Überlegungen zur schulischen Inklusion, sodass ich es wieder nur empfehlen kann.

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